Völlig überraschend ist die usbekische Grenze die entspannteste Grenze von allen bisher. Man hört von sehr strikten Medikamentenkontrollen, das ganze Fahrzeug ausräumen, strengen Beamten. Wir hatten extra noch ein Medikament versteckt, ein Schmerzmittel, weil wir Sorge hatten, dass es hier eventuell als Droge gelten könnte. Nichts von alledem ist eingetreten. Kurze Passkontrolle, ich darf schon zum Auto, Jannis wickelt noch die Fahrzeugeinfuhr ab. Während ich am Auto warte kommt ein Beamter an, ein LKW-Fahrer der etwas Englisch spricht sagt „narcotics control“. Der Beamte steigt ins Auto ein, guckt aber mehr als halbherzig. Als erster überhaupt öffnet er zwar unser „Geheimfach“ und zwar genau an der Stelle, an der die komplette Medikamentenkiste steht, ich ahne schon Böses: aber da er obendrauf nur eine Wärmflasche sieht macht er gleich wieder zu – oder weil es ihn wirklich nicht interessiert. Das andere Fach, in dem unser Safe drin ist lässt er ganz zu. Eine kurze Frage nach Schusswaffen, die ich natürlich verneine und ein süßer Hund, der unser Fahrerhäuschen abschnüffelt. Ich kann gar nicht glauben, dass das schon die Kontrolle war, aber als Jannis zurückkommt werden wir tatsächlich durchgewunken. Das war easy.
Wir werden von tollem Wetter begrüßt (was, wie wir festgestellt haben meistens bei unseren Länderübertritten nicht der Fall ist), aber es ist schon jetzt richtig heiß. Auf dem Weg nach Nukus, der ersten größeren Stadt nach der Grenze, sieht es trocken aus. Nur ein besonderer Friedhof auf einem Hügel fällt auf. In Nukus angekommen gehen wir zunächst Geld holen. Zum Glück hat die Nationalbank mittlerweile den ehemaligen Schwarzmarktkurs angenommen und wechselt zu diesem. So wollen sie verhindern, dass die Geldtauscherei an ihnen vorbei geht und für uns ist es um einiges bequemer. In der Bank treffen wir Christian und Karin wieder, sie haben das Gleiche vor. Danach, wie in jedem Land, ist die SIM-Karte dran. Glücklicherweise finden wir ganz in der Nähe das entsprechende Geschäft und alles läuft absolut professionell und in bestem Englisch ab. Nachdem alle Erledigungen gemacht sind, verabschieden wir uns von den beiden. Sie fahren hoch in Richtung Aralsee, aber das schaffen wir nicht, da morgen Mama und Papa in Urgench ankommen! :) Sie sind heute schon in Tashkent und fliegen morgen früh dann zu uns. Nach einem kurzen Lunch auf dem Parkplatz starten wir in Richtung Urgench. Wir verpassen es, die Hauptstraße zu nehmen, was sich mal wieder in sehr schlechten Straßenbedingungen niederschlägt. Zum Glück ist die Strecke schön, wir fahren über eine schwimmende Brücke, durch sattgrüne Landschaft und an Feldern vorbei, auf dem usbekische Frauen arbeiten. Gegen Abend kommen wir in Urgench an. Wie immer in der ersten Nacht sind wir nicht sicher, wie/wo wir stehen dürfen und wie streng die Polizei hier ist. Wie gesagt, von der usbekischen Polizei hat man nicht nur Gutes gehört. Wir finden einen Parkplatz neben einem Park und bleiben dort stehen. Da es zwar schon dunkel, aber immer noch warm ist, drehen wir eine kleine Runde im Park und fallen nach dem Abendessen müde ins Bett.
Früh am nächsten Morgen wachen wir auf, nicht nur wegen der üblen Hitze sondern auch, weil um unseren Bus herum viel los zu sein scheint. Als wir rausschauen sehen wir, dass überall Polizei, Krankenwägen und Militärautos herumstehen und offiziell gekleidete Menschen, besonders Soldaten durch die Gegend laufen. Gestern Abend bei unserem Spaziergang durch den Park hatten wir bereits gesehen, dass Frauen den Boden vor einer Statue mitten im Park putzen und ein zusammengerollter roter Teppich bereit liegt. Auch an den Restaurants schien es so, als wird nochmal alles auf Vordermann gebracht. Jetzt wird uns klar: heute ist Feiertag und an dieser Stelle findet bestimmt eine Festlichkeit statt. Wir wundern uns, dass wir so nah an diesem Geschehen campen dürften und keiner uns wegschickt! Wir ziehen uns an und gehen ohne Frühstück los, wir wollen wissen was da von Statten geht. Wir lesen nach, dass heute ein Feiertag für die im Krieg Gefallenen ist, ein sehr wichtiger Tag in allen Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die Statue im Park ist die weinende Mutter, dahinter sind Tafeln mit den eingravierten Namen der Opfer aus den umliegenden Städten zu sehen.
Als wir an die Hauptstraße vorkommen steht eine Gruppe Militärs an der Ecke. Wir sind uns sicher, dass wir hier nicht durchgehen dürfen und suchen nach einem Umweg, aber die Männer winken uns heran und bedeuten uns durchzugehen. Zwei Mädchen kommen und stecken uns Schleifen an die Hemden. Wir sind jetzt also offiziell Teil der Gedenkfeier. Wir stellen uns mitten unter die Leute, Privatleute sowie diverse verschiedene Militäreinheiten, alle mit etwas anderen Uniformen und unterschiedlichen Hüten. Auch hier werden wir wieder sehr nett angesprochen, erst von einem Usbeken, dann von einer Gruppe usbekischer Studentinnen, die Englisch lernen und mit uns sprechen möchten. Die Feier beginnt und nacheinander legt zuerst die Regierung (wir vermuten die regionale Regierung), dann jede Einheit und am Ende die Verwandten und Bekannten der Opfer Blumenkränze vor die weinende Mutter nieder. Dazu spielt die Militär-Kapelle. Nach diesem offiziellen Teil löst sich die Masse auf und auch wir gehen zurück zum Bus. Wir entscheiden schon jetzt zum Flughafen zu fahren, obwohl meine Eltern erst heute Abend ankommen, damit wir noch in Ruhe das Auto saubermachen können und es in Urgench sonst nichts groß zu sehen gibt. Die Sonne ist gnadenlos und neben unserem Parkplatz am Flughafen badet eine Gruppe Jungs in einem Tümpel, in den wir uns nicht hinein trauen. Hier aber scheint dies eine Art Freibad zu sein. Kurz bevor der Flug meiner Eltern ankommt gehen wir zum Flughafengebäude. Wir hatten schon vorher gesehen, dass es Sicherheitskontrollen vor dem Eingang in das Gelände gibt. Als wir dorthin kommen schaut der Beamte uns an, ich sage nur „Tashkent“. Ich vermute er will wissen wen wir hier holen möchten. Er schaut etwas verdutzt, lässt uns aber passieren. Als wir zum Gebäude kommen sagt eine Frau „Check-In Tashkent?“. Ich sage, dass wir meine Eltern, die aus Tashkent kommen, abholen möchten. Sie schickt uns ins nächste Gebäude und wir laufen unbedarft auf dem Gelände von einem Gebäude zum anderen. Wir sehen, dass schon die ersten Passagiere herauskommen, also laufen wir im Schritttempo schnurstracks in die Halle rein. Wir wundern uns schon, weil wir direkt am Baggage Claim stehen und sonst alle Abholenden vor einem Security Gate außerhalb des Geländes warten. Aber da Mama und Papa schon im Anmarsch sind machen wir uns keine weiteren Gedanken und fallen ihnen um den Hals. Keine Minute später steht ein Beamter neben uns, sagt uns nett aber bestimmt, dass wir hier nicht sein dürfen. Der Polizist, der uns hereingelassen hat ist also davon ausgegangen, dass wir selbst fliegen wollen und hat wahrscheinlich deswegen so verdutzt geguckt, weil wir keinerlei Taschen oder Gepäck dabei hatten. Naja, fast wäre es gut gegangen! ;) Wir warten also vor dem Gebäude bis die beiden ihr Gepäck haben und laufen dann am Security Gate vorbei raus zu unserem Bus. Wie schön es ist, dass Mama und Papa jetzt endlich da sind! Sie haben ein Hotel in Chiva gebucht, ca. 30 km von Urgench entfernt. Nachdem wir alles Gepäck verstaut haben (unser Bus ist wirklich ein Raumwunder!) fahren wir los. Spät abends gegen 23.30 Uhr kommen wir im Hotel an, dass direkt außerhalb der Stadtmauer am Südtor liegt. Wir dürfen unseren Bus auf dem Parkplatz abstellen und dort übernachten. Als Einstimmung auf den Urlaub und weil wir uns natürlich viel zu erzählen haben trinken wir noch ein, zwei Bier an der Bar am Hotelpool und verabreden uns dann zum Frühstück für den nächsten Morgen.
Chiva – Open-Air Museum in der Wüste
Nach dem gemeinsamen Frühstück im Hotel machen wir uns bei großer Hitze auf zur ersten Erkundungstour von Chiva. Chiva ist eine Wüstenstadt, was man leicht an ihren Lehmbauten erkennen kann und war früher ein wichtiger Handelsplatz an der Seidenstraße. Alle Städte hier in Usbekistan haben viel Geschichte und so ist das Innere der Stadtmauern von Chiva heute eine Art Open-Air Museum. Als wir durch das Stadttor gehen fällt uns auf, dass es hier überraschend touristisch ist. Man sieht viele Reisegruppen und überall Souvenirstände, was wir von den Ländern vorher gar nicht mehr gewöhnt sind. Wir schauen uns Moscheen und Mausoleen an und steigen einen Turm hinauf um einen Rundumblick über die Stadt zu bekommen. Uns erinnert es ein wenig an die Wüstenstadt Yazd im Iran, die auch diese wundervolle Farbzusammenstellung aus lehmfarben, türkis und blau hatte („dieses unendliche Blau!“). Alles ist toll verziert und man kann die Sehenswürdigkeiten super zu Fuß ablaufen. Zum Mittag gehen wir in eine Teestube, essen sehr leckeren Auberginensalat mit Somsas, gefüllte Teigtaschen. Papa bestellt sich gleich Plov, das Nationalgericht Usbekistans. Kurz zusammengefasst ist das öliger Reis mit Fleisch und Karotten. Manchmal gibt es noch Berberitzen oder Rosinen dazu. Es ist sehr gemütlich hier und wir entscheiden das Sightseeing für heute gut sein zu lassen und des Rest des Tages am Hotelpool zu verbringen. Zum Sonnenuntergang möchten wir aber hoch hinaus, um die Stadt in dem wundervollen Abendlicht zu sehen. Wir steigen auf eine alte Festung und haben einen tollen Blick über die Stadt. Die Bewohner leben fast alle außerhalb der Stadtmauer, was man eindrücklich sieht wenn man hier oben steht. Alles was innen sehr herausgeputzt aussieht ist außerhalb der Stadtmauer um einiges herunter gekommener. Das Wetter ist einigermaßen klar und so warten wir bis die Sonne weg ist um zum Restaurant zu gehen. Es ist immer noch total warm und so angenehm, bei diesen Temperaturen draußen zu sein. Alle Gebäude werden schön beleuchtet, auch das Restaurant in das wir gehen direkt an einer alten Medrese. Eine Medrese ist eine Islamschule, ähnlich wie bei Christen die Klöster. Es gibt viele kleine Zimmer für die Islamschüler und einen großen Innenhof, in dem die Schüler lernen oder verweilen können. Diese Medrese ist allerdings nicht mehr „in Betrieb“. Die Köche hier werden unter anderem mit deutscher Hilfe ausgebildet. Wir sitzen bis spät, machen es den Russen gleich und trinken noch den ein oder anderen Wodka als Absacker.
Am nächsten Vormittag steht die zweite Sightseeing Tour auf dem Programm. Wir besichtigen den Rest der Stadt, sehen Frauen beim Einheizen eines traditionellen Brotofens zu, anderen beim Knüpfen von Teppichen und Nähen von Seidentüchern. Es gibt hier viel gutes Handwerk zu kaufen. Auch heute gehen wir zum Mittag in eine Teestube, sollen erst auf einem sogenannten Tapchan Platz nehmen: eine Art Liegefläche, in der in der Mitte ein niedriger Tisch ist und man eigentlich im Schneidersitz isst. Nach kurzer Zeit wird es den meisten von uns jedoch zu unbequem und wir nehmen doch mit dem „normalen“ Tisch vorlieb. Zum Sonnenuntergang gehen wir dieses Mal auf die alte Stadtmauer, die zwar keinen guten Blick auf den eigentlich Sonnenuntergang, dafür aber bessere Blicke von oben auf die wenigen privaten Wohnhäuser gibt, die innerhalb der Stadtmauer stehen. Als Jannis versucht die Stadtmauer hochzuklettern, um einen besseren Blick zu bekommen passiert folgendes: Ich: „Das kannst du nicht machen, nicht dass du noch was kaputt machst.“ Jannis: „Ach die Stadtmauer hat schon so viele Stürme erlebt und steht immer …. “. Im gleichen Moment rutscht ihm die halbe Stadtmauer entgegen, er voller Staub, ein Berg voller Lehm vor uns. Eine Gruppe Menschen kommt näher, mir ist das Ganze komplett peinlich, ich ahne Böses. Sie sind zum Glück auch Touristen und lachen beherzt. Wir verschwinden schnell. Oh man.). An diesem Abend essen wir auf einer Dachterrasse mit wunderschönem Blick und leckerem Essen. Die Atmosphäre in einer Wüstenstadt mit warmem Wind und singenden Muezzinen ist schon einmalig! Heute gibt es Manti, gefüllte, gekochte Teigtaschen in jeglicher Variation (Spinat, Kürbis, Ei, Fleisch) - die usbekische Küche ist nicht ganz so abwechslungsreich aber es ist lecker.
Am nächsten Morgen geht es etwas früher los, denn es ist ein Ausflug in die Wüste Kizil-Kum geplant. In der Wüste stehen noch diverse Festungen von vor sehr, sehr langer Zeit, die man besichtigen kann. Davor muss allerdings noch eine Hürde genommen werden: Diesel finden. In Usbekistan fahren die meisten Autos mit Gas, manche mit Benzin. Nur LKWs und Traktoren fahren Diesel, offiziell wird es an kaum einer Tankstelle verkauft. Während der Baumwollernte im Herbst ist es besonders schlimm. Da wird der Diesel rationiert und nur den Traktoren zur Verfügung gestellt. In Apps wie Maps.Me sieht man immer wieder mal Hinweise auf Schwarzmarkttankstellen à la „Klopf an die Tür neben dem Haus mit dem roten Dach, dort bekommst du Diesel.“ oder Berichte, bei denen einfach flaschenweise Diesel von Privatleuten getankt wurde. Wir finden diese dubiosen Quellen nicht, fragen uns dafür aber bei offiziellen Tankstellen durch. Tatsächlich stimmt die Angabe eines Tankwarts, wir finden eine Tankstelle die uns Diesel verkauft. Allerdings wollen wir gar nicht wissen wie die Qualität ist, besonders als wir ein paar Tage später an einer „Vintage Tankstelle“ auf dem Land tanken, an der die Tankmenge nicht digital, sondern noch analog angezeigt wird. Insgesamt schauen wir uns heute drei Festungen an, die alle in einem ähnlichen Zustand sind: man sieht eigentlich nur noch Teile der umgebenden Mauern. Allerdings wurden diese Festungen immer auf Bergen angelegt, also hat man einen guten Blick über die Wüstenlandschaft. Bei der ersten Festung treffen wir eine Schulklasse, die Selfies mit uns machen möchte. Der Lehrer fragt wo wir herkommen und als er „Germania“ hört zieht er sein T-Shirt hoch bis über die Schulter. Zu sehen ist ein Tattoo, bestehend aus dem Wort „Burg“ und den Jahreszahlen „89-91“. Er erzählt uns, dass er in diesen Jahren in der ostdeutschen Stadt Burg bei Magdeburg stationiert war. Usbekistan war zu dieser Zeit noch Teil der Sowjetunion. Er spricht sehr positiv darüber und ist stolz auf sein Tattoo. Als wir zu dritten und bekanntesten Festung, Ayaz Kala kommen, sehen wir ein Jurtencamp in der Nähe und machen Halt. Wir haben eine Jurte ganz für uns allein, es ist total gemütlich und wir essen hier zu Mittag – und zwar auf die typische Art und Weise: man bestellt nicht, sondern bekommt einfach das, was es gibt. Traditionell beginnt das Essen mit etwas Süßem, auf dem Tisch stehen bereits gebrannte Erdnüsse, getrocknete Trauben und natürlich Grüntee. Tee (im Winter meist Schwarztee, im Sommer meist Grüntee) darf bei keinem Essen fehlen. Danach werden sehr leckere Salate gebracht, Auberginen-, Kraut- und Nudelsalat mit Brot. Dann wird gefragt wer Suppe möchte. Und danach kommt erst das eigentliche Hauptgericht, in diesem Fall Fleisch mit süß schmeckenden Kartoffeln (nicht Süßkartoffeln) und Gemüse. Alles sehr lecker. Wir ruhen uns noch ein bisschen auf den gemütlichen Matten aus. Papa, Jannis und ich wandern danach das Stück zur Festung hinauf, Mama bleibt auf einem tollen Tapchan draußen, mit Blick über die Wüste und Kamele. Im Sand entdecken wir einige Echsen, manche größer andere kleiner. Schlangen soll es hier auch geben, zum Glück sehen wir keine. Nach der Besichtigung machen wir uns auf den Heimweg , sehen Kinder bei dem heißen Wetter in einem Nebenfluss des wichtigsten Flusses Usbekistans, dem Amurdarya baden. Kurz bevor wir ein letztes Mal in Chiva zum Abendessen gehen wollen, bemerkt Jannis, dass unser Ersatzrad fehlt. Es war unter dem Auto befestigt, und als er unter den Bus schaut um nach etwas anderem zu schauen sieht er, dass das Rad geklaut wurde. Wir wissen nicht wo, es muss irgendwo zwischen der Dasht-e Lut Wüste im Iran und hier passiert sein. Ohne Ersatzrad den Pamir Highway in Tadschikistan, unserem nächsten Ziel nach Usbekistan zu fahren – sehr riskant. Wirklich ärgerlich das Ganze. Andererseits ,wenn es auf der Reise dabei bleibt, wären wir mit einem blauen Auge davon gekommen. Aber diese Gedanken heben wir uns für später auf. Jetzt lassen wir den Abend erst ein letztes Mal in Chiva ausklingen. Viel zu sehen, aber auch die ersten Krankheitsfälle- Buchara
Auch heute geht es früh los, denn wir wollen bis nach Buchara kommen, die nächste wichtige Stadt in Usbekistan. Die Fahrt ist lang und durch sehr schlechte Straßen kommen wir nur langsam voran. Am späten Nachmittag erreichen wir die Stadt. Mama und Papa haben ein Boutique Hotel im jüdischen Viertel gebucht und nachdem wir mehrmals vergeblich versuchen in die kleinen Gassen mit unserem großen Bus zu kommen, lassen wir die beiden raus und suchen einen Stellplatz für uns. Wir finden einen nur 200m vom Hotel entfernt vor einem Hostel, der Platz ist bekannt bei Campern wie wir dann sehen. Das Hotel von Mama und Papa ist total schön, mit von Wein überdachtem Innenhof. Alle Fenster der Zimmer führen in diesen mehrstöckigen Innenhof, die Atmosphäre ist gar nicht so, als wäre man hier mitten in der Stadt. Zu einem ersten Erkunden der Stadt ist keine Zeit, aber von hier ist es nicht weit ins „Zentrum“ in dem einer kleiner See liegt. Auch hier alles voller Touristen, sowohl ausländischer als auch einheimischer, ein wildes Treiben. Usbekistan hat sich in den letzten Jahren zu einer Touristenattraktion gemausert, die Touristenzahlen vervielfachen sich jährlich. Wir genießen ein Abendessen auf einer Dachterrasse mit Blick auf einige der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Leider haben wir uns zum ersten Mal etwas eingefangen und in den nächsten Tagen geht es mal mir, mal Jannis und mal Mama nicht gut. An diesem Abend ist es Mama, die schon vorgeht während Jannis, Papa und ich noch ein Eis essen und durch die Stadt schlendern. Kinder springen überall herum und insgesamt scheint es, als sei ganz Usbekistan hier im Urlaub.
Die nächsten zwei Tage steht die Erkundung der Stadt Buchara an. Neben Medresen, Moscheen und Mausoleen gibt es hier einen sehr großen Basar mit allem was das Herz begehrt. Außerdem steht hier die bekannte Ark Festung, die allerdings hinter unseren Erwartungen zurückbleibt. Abends essen wir in unterschiedlichen Medresen zu Abend, was immer toll ist, weil sie oben offen sind und man so auch mal einen Windsturm hautnah mitbekommt, ohne dass es einen groß stört. In der einen bekommen wir wieder serviert was die Küche zaubert. Die Familie kocht fast direkt neben unserem Tisch und das Essen ist köstlich.
Wir treffen in Buchara wieder alle Camper, die wir aus dem Iran und Turkmenistan kennen. Hier in Usbekistan ist die Chance dazu extrem hoch, weil eigentlich jeder der das Land bereist die gleichen Stopps macht. Rechts und links davon ist nur wenig spektakuläre Wüste zu sehen und in die nördlichen Berge fahren nicht allzu viele. Wir zum Glück aber schon! Während unseres Aufenthalts in Buchara haben wir ein Homestay in den Nuratau-Bergen gebucht, einem Naturschutzgebiet im Norden des Landes. Neben den ganzen historischen Städten möchten wir auch das ländliche Leben Usbekistans kennenlernen. Uns graut vor den Straßen in diese Gegend, aber als wir am nächsten Tag dorthin fahren sind wir positiv überrascht. Einzig eine gesperrte Straße zwingt uns zu einem 70-Kilometer langen Umweg, aber zum Glück helfen uns zwei nette Usbeken, sie fahren ein Stück vor damit wir den richtigen Weg finden. Auf der Fahrt sehen wir eine Schildkröte am Wegesrand und bekommen so eine schöne Einstimmung auf die Natur rund um unser Ziel. Nuratau-Berge – Einblicke in das ländliche Leben Usbekistans
Die Homestays in dieser Region werden von einer lokalen Agentur vermittelt, eine Initiative die Öko- und lokalen Tourismus fördern und den Familien ein wenig Einkommen sichern soll. Als wir in dem Dorf Eski-Forish, in dem unser Homestay sein soll ankommen, wissen wir erst nicht wohin. Es gibt am Ortseingang zwar zwei Schilder, die auf Homestays hinweisen, bei unserem fehlt aber nach ein paar hundert Metern jede weitere Beschilderung. Wir fahren bis an den Dorfrand, sind uns nicht sicher ob wir wirklich rechts auf einen Feldweg abbiegen sollen. Aus Mangel an Alternativen machen wir es, fragen zwei Bauern zur Sicherheit auch nochmal. Sie wirken zwar leicht verunsichert, winken aber trotzdem weiter in die Richtung in die wir fahren. Als wir irgendwann an einem ausgetrockneten Flussbett stehen, stellen wir das Auto ab und Papa läuft zu Fuß vor. Wir sind nicht sicher ob wir hier durch und den folgenden steilen Hügel überhaupt hochkommen, da sollten wir zumindest sicher sein, dass das Homestay auch wirklich da ist. Nach einigen Minuten sehen wir Papa zurückkommen, er winkt uns her, er hat das Homestay Samara gefunden. Der Bus schafft es hoch und wir steigen aus. Papa ist schon dabei, mit Händen und Füßen mit Samara, der Mutter der Familie und Namensgeberin des Homestays zu kommunizieren. Sie spricht kein Englisch und wirkt sehr überrascht, dass wir kommen. Sie war gerade mit einer Freundin vor dem Haus, anscheinend hatte ihr niemand über unsere Reservierung Bescheid gegeben. Da es in dieser Gegend kaum Netz gibt, gibt es normalerweise einen Mittelsmann vor Ort, der die Reservierungen, die über die Agentur reinkommen an die Familien weitergibt. So ist Samara natürlich nicht vorbereitet, was uns sehr unangenehm ist. Samara allerdings managt das alles super. Wir dürfen den Bus vor dem Hof parken und sie zeigt uns alles: ein kleines Gebäude für Dusche und Toilette mit Außenwaschbecken, ein Zimmer mit vier Einzelbetten, ein Aufenthaltsraum für schlechtes Wetter und ein riesiger, wunderschöner Garten mit Bachlauf. Im Garten sind zwei Tapchane aufgestellt. Da das Wetter schön ist setzen wir uns in den Garten und Samara bringt uns Tee und verschiedene Snacks: Kekse, getrocknete Trauben und geröstete Aprikosenkerne. Auch das etwas, was wir zum ersten Mal in Usbekistan kennengelernt haben: hier werden die Kerne der Aprikosen erst gekocht und dann geröstet. Danach kann man sie wie Pistazien knacken und essen – sehr lecker und man verwendet wirklich alles der Frucht. :) Wir genießen den Nachmittag im Garten, spielen und als es anfängt zu tröpfeln gehen wir hinein. Kurze Zeit später folgt das frisch gekochte Abendessen, ein Reisgericht mit leckerem Salat dazu. Die Zutaten dafür kommen alle aus Samara's Garten. Wir sind die einzigen Gäste und so setzt sich Samara nach dem Abendessen zu uns. Zum Glück haben wir einen Sprachführer dabei und können zumindest ansatzweise Konversation führen. Wir fragen sie viel über sich und ihr Leben hier, sie antwortet uns gerne, verstehen tun wir nicht immer alles. Gegen später kommt ihr mittlerer Sohn (sie hat drei Jungs) nach Hause und zu uns. Wie wir dann erfahren ist Sarbon derjenige, der sich eigentlich um die Touristen kümmert, er spricht auch super Englisch. Er erzählt uns, dass er heute in Samarkand war und gerade mit einem Fahrer zurück ins Dorf gekommen ist (wir hoffen nicht extra wegen uns...). Auf dem Weg, es war schon dunkel, hatte der Fahrer sogar noch einen Platten, weil er ein Schlagloch übersehen hatte und das bei Regen.... Wir sprechen noch ein bisschen mit ihm und fallen dann alle müde ins Bett. Jannis und ich schlafen im Bus, Mama und Papa im Zimmer. Die Betten sind jetzt gerichtet und es liegen Handtücher bereit. Es ist natürlich sehr einfach und nicht unbedingt bequem, aber so leben die Menschen hier. Und das macht die Erfahrung schon jetzt schön. Wir sind hier alleine bei dieser Familie und es ist nicht wie so oft, dass man das Gefühl hat doch in so einem Touristen-Hokuspokus zu sein.
Am nächsten Morgen ist das Wetter wieder gut und wir frühstücken im Garten. Nach dem Frühstück zeigt uns Sarbon in einem Ordner alles über das Homestay und das Dorf. Die Initiative zu den Homestays und die Entwicklung sind mithilfe einer deutschen Organisation entstanden, Sarbon kennt die Initiatoren auch persönlich. Ziel ist es, den Familien Arbeit und so ein besseres Leben zu ermöglichen. Gleichzeitig soll es den Touristen auch diese Gegend Usbekistans näher bringen. Er selbst ist neben Ansprechpartner für die Touristen auch ausgebildeter Bergführer und Guide. Seine zwei Brüder arbeiten, wie sein Vater auch, in der Landwirtschaft, mal hier, mal in einem anderen Ort, mal sogar in Russland. Danach erklärt er uns noch welche Tiere es hier in der Region gibt. Neben Wölfen, Füchsen und Bären gibt es diverse Vogelarten und Schlangen. In den Bergen giftige, hier im Garten kommen auch immer mal wieder welche, die sind aber wohl nicht giftig. Danach wandern wir zu viert los, um die Gegend zu erkunden. Wir sind kurz vor dem Eingang zum Naturreservat, also wandern wir bis wir ins Tal um die hohen Bergen des Nuratau-Gebirges sehen zu können. Überall wächst wilder Rhabarber, Ziegen und Schafe mit komische Hintern weiden auf den Wiesen. Die Landschaft ist eine Mischung aus trockener Steppe, niedrig bewachsenen Hügeln und hohen Bergen. Nach vier Stunden sind wir zurück und im Garten sind bereits die Tapchane für uns vorbereitet. Während der Wanderung hat die Sonne gebrannt, jetzt aber zieht ein Gewitter auf. Zum Glück tröpfelt es nur, der Rest zieht vorbei und so können wir die selbstgemachten, Ravioli-ähnlichen Pasta mit hausgemachtem, noch lauwarmem Joghurt im Garten genießen. Der Onkel stellt den leckeren Joghurt selbst her. Wir sehen, wie die Familie die Lebensmittel kühlt: in einem Gittergestell im Bach, der durch den Garten fließt. Nach dem Essen schauen Jannis und ich uns zusammen mit Sarbon die Wasserversorgung an. Gegen später kommt Papa dazu (Mama hat es leider wieder erwischt) und wir machen einen Rundgang im Dorf. Sarbon führt uns herum, erklärt uns wie viele Menschen hier leben und wer wo wohnt, stellt uns Nachbarn vor und zeigt uns die Seidenraupenzucht, die eine Bewohnerin des Dorfes in einem Verschlag in ihrem Garten hat. Die Seidenraupen ernähren sich von den Blättern der Maulbeerbäume, daher gibt es auch so viele davon hier. Eine ziemlich gewöhnungsbedürftige Angelegenheit diese Seidenraupen. In dem Verschlag ist es feucht-heiß, damit die Raupen sich wohlfühlen. Wir besichtigen die alte und die neue Schule des Dorfes, die Moschee, die nicht mehr in Betrieb ist weil keiner es bezahlt und die Krankenstation, die auch zu ist, weil es sich nicht lohnt. Die Menschen leben hier hauptsächlich von Landwirtschaft oder gehen für eine Zeit weg, um zu arbeiten. Die meisten die hier leben sind gebürtige Tadschiken und so sprechen alle sowohl Usbekisch als auch Tadschikisch. So könnte ein Dorf bei uns vor 100 Jahren ausgesehen haben, aber es ist unglaublich idyllisch mit seinen Fußball spielenden Kindern, frei herumlaufenden Kühen, Bachläufen. die durch die Wiesen fließen und alles umrahmt von tollen Bergen. Als wir zurückkommen zeigt uns Sarbon ein traditionelles usbekisches Spiel, das stark an Backgammon erinnert. Es ist handgefertigt und macht viel Spaß, in Sarbon Familie wird es wohl rauf und runter gespielt. Nach dem Abendessen, an dem es von Sarbon gemachten Plov gibt, den traditionell die Männer kochen, spielen wir noch ein paar Runden und fallen dann müde ins Bett. Samarkand – Zwischen einfachen Vierteln und Prachtbauten
Bevor wir heute weiter nach Samarkand fahren verabschieden wir uns herzlich von der Familie. Wir sind total froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, bringt es einen doch näher an das Leben und die Kultur der Menschen in Usbekistan. Wir kommen am frühen Nachmittag in der bekannten usbekischen Stadt an. Mama und Papa haben wieder ein Boutique Hotel im jüdischen Viertel, wir finden einen Parkplatz ganz in der Nähe vor einer Schule. Das Rabat Boutique Hotel ist wundervoll. Ein ganz altes Gebäude mit geschnitzten Holzsäulen, historischen Wandmalereien und grünem Innenhof. Unter dem von Säulen gehaltenen Vordach ist ein Tapchan aufgebaut und einige Tische mit Bänken. Wir machen es uns auf dem Tapchan gemütlich und bekommen sofort Tee und Gebäck. Das wird die ganzen nächsten Tage so bleiben: sobald wir ins Hotel kommen und auf „unserem“ Tapchan Platz nehmen gibt es Tee, Nüsse, getrocknete Trauben und Gebäck so viel wir möchten. Alles for free. Dieses Hotel legt so viel Wert auf Service, das haben wir so noch nie erlebt. Als sie erfahren, dass wir im Camper schlafen ist gleich klar: wir dürfen hier auf jeden Fall mit frühstücken, ohne Aufpreis, denn eine Familie kann man ja nicht trennen. Wlad, einer der Mitarbeiter, erzählt uns über die Historie des Hauses, das einer jüdischen Familie gehört hat, die nicht mehr in Usbekistan lebt. Sie und auch der neue, jetzige Besitzer des Hotels haben viel Wert darauf gelegt, dass bei der Restaurierung die alten Malereien, Schnitzereien und sonstigen Besonderheiten erhalten bleiben. Der Frühstücksraum sieht aus wie ein Zimmer im Museum und tatsächlich kommen Touristen mit Guide, um sich den Raum anzuschauen. Allerdings geht kurze Zeit später ein Sturzregen los. Wir bleiben noch so lange im Hotel bis der Regen einigermaßen erträglich ist und laufen dann in die Stadt zum Abendessen. Das jüdische Viertel ist sehr einfach mit engen Gassen, alten, kleinen Häusern und frei herumhängenden Stromleitungen. Krass ist, dass dieser „weniger ansehnliche Stadtteil“ durch eine Mauer vom schönen, herausgeputzten Teil der Stadt mit den Sehenswürdigkeiten getrennt ist. Als wir durch das Tor von der einen in die andere Welt laufen sehen wir gleich eine wunderschön beleuchtete Moschee. Da wir aber noch drei ganze Tage in der Stadt haben und es kalt und verregnet ist gehen wir lieber gleich in die Teestube. Diese ist draußen sehr schön, innen drin allerdings einfach. Der Fernseher läuft laut und auf der Karte muss man die Hälfte de Gerichte streichen, weil heute nicht vorhanden – für mich bleiben nur Pommes. Aber dafür bekommen wir etwas vom Land mit. Ungefähr eine halbe Stunde nachdem wir da sind kommen auf einmal drei Tische voller Usbeken zusammen, wir vermuten eine große Familie. Immer mehr Gerichte landen auf den Tischen, gefühlt ist keiner mehr in der Küche. Einer spricht, dann falten sie alle die Handflächen zusammen, fahren sich danach mit beiden Handflächen um das Gesicht, um sie dann noch einmal zusammenzulegen. Danach wird reingehauen, aber wie. Ein richtiges Festessen. Da wird uns klar: Fastenbrechen. Zurzeit ist Ramadan, bei dem die gläubigen Muslime von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts essen dürfen. Danach geht es so zu und die Stimmung ist ausgelassen. Unser Essen schmeckt auch, aber wir lassen den Abend lieber noch mit einem Bier auf dem Tapchan im Hotel ausklingen.
Nach einem absolut leckeren und sehr abwechslungsreichen Frühstück im Museumszimmer des Rabat Boutique Hotels starten wir zu unserer ersten Samarkand Erkundung. Die Sehenswürdigkeiten der Stadt sind etwas verteilt, aber trotzdem gut laufbar. Da wir genügend Zeit haben, nehmen wir uns für jeden Tag einen Teil der Stadt vor. Das Wetter ist zum Glück wieder gut und wir starten mit dem Bibi Khanum Mausoleum und der Bibi Khanum Moschee, die wir gestern Abend schon gesehen hatten. Der große Unterschied zum Vorabend: wo gestern niemand war ist heute alles voll. Es ist Wochenende und neben vielen ausländischen Touristen sind ganz viele Usbeken auf den Beinen. Wir kommen auch nicht weit, dann werden wir mehrmals von Kinder- und Jugendgruppen angehalten. Sie möchten uns auf Englisch interviewen. Alle stellen durcheinander ihre (immer gleichen) Fragen, unsere Antworten werden gefilmt oder notiert. Es scheint ein Projekt für die Schule zu sein und obwohl heute Sonntag ist sind sie wirklich hochmotiviert. Am Ende sollen wir immer noch unsere Namen, Kontaktdaten und einen Gruß in ihr Buch schreiben. Alle sind unglaublich süß und nett und man merkt: sie wollen etwas lernen. Sie haben keine Scheu, fremde Menschen auf einer für sie relativ neuen Sprache anzusprechen und diese zu üben. Wir finden es toll. Die Sehenswürdigkeiten selbst sind natürlich auch sehr beeindruckend. In Samarkand stehen einige wirkliche Prachtexemplare, alle vor vielen Jahren restauriert. Es wurde viel Geld reingesteckt, um die zu Zeiten der Seidenstraße sehr wichtige Stadt mit ihren tollen Gebäuden wieder in Schuss zu bringen und so Touristen anzulocken. Man hat versucht, alles so originalgetreu wie möglich nachzubauen. Aus dem Reiseführer lese ich unserer kleinen Reisegruppe immer die Geschichte zu jedem dieser Gebäude vor. Alles ist wunderschön verziert, mit Ornamenten und Mosaiken in allen Farben und Formen. Natürlich gibt es aber auch hier in Samarkand viele Souvenirshops und -stände, was das Aufkommen eines Gefühls von „hier könnte gleich eine Kamelkarawane vorbeiziehen“ etwas erschwert. Nach dem Besuch des Mausoleums für den ersten Präsidenten der Republik Usbekistan, der hier sehr verehrt wird und bei dem wir eher zufällig landen, beschließen wir es für heute gut sein zu lassen und den Rest des Tages gemütlich auf dem Tapchan zu verbringen. Nur Papa zieht nochmal los. Er hatte das Spiel, dass wir die Tage zuvor mit Sarbon gespielt hatten in einem der Läden gesehen und möchte es für zuhause haben. Wir werden derweil mit Tee und Keksen verwöhnt bis wir losgehen in Richtung Abendessen. Zuerst laufen wir aber noch zur Hauptsehenswürdigkeit der Stadt, dem Registan. Der ist wirklich sehr beeindruckend. Drei Medresen stehen sich in einer tollen Komposition gegenüber, jede anders verziert mit unglaublich aufwendigen Mustern und tollen Farben. Im Abendlicht sieht das magisch aus und später, als die Sonne langsam untergeht ist das Ensemble toll beleuchtet. Vor dem Registan dreht eine Gruppe Männer einen Skateboard-Film für Redbull. Wir warten auf eine Lichtershow die stattfinden soll, aber leider vergebens. Um 21.00 Uhr haben wir so viel Hunger, dass wir zum Restaurant fahren, die Lichtershow findet nicht statt. Wir gehen in ein Restaurant, dass uns der Hotelbesitzer empfohlen hat. Das Essen ist sehr lecker und wir verbringen einen tollen Abend.
Am nächsten Tag wird der Registan nochmal genauer unter die Lupe genommen. Jede der drei Medresen ist wunderschön und doch ähneln sie sich natürlich alle. Ein weiteres Mausoleum schließt sich an, bevor wir uns, vor der heißen Sonne geschützt auf den Tapchan im Innenhof des Hotels zurückziehen. Es ist schön, so viel Zeit zu haben und alles entspannt machen zu können. Und so nähert sich auch unser Iran Reisebericht endlich dem Ziel. Immer noch begeistert vom Essen am Vorabend entscheiden wir, das gleiche Restaurant nochmal aufzusuchen. An Sightseeing Tag Nummer 3 in Samarkand stehen die „letzten“ interessanten Sehenswürdigkeiten auf dem Programm. Eine Ansammlung von Mausoleen und Moscheen und ein Observatorium des berühmten Uluk Bek. Leider ist außer einem Museum, in dem man schnell durch ist nur ein kleiner Rest der Sternwarte übrig. Und auch sonst haben wir alle langsam aber sicher genug gesehen, nach drei kulturell und historisch so vollgepackten Städten ist der Kopf voll. Wir schlendern noch ein bisschen über den großen Basar der Stadt, essen in einem Art Café zu Mittag und lassen dann Samarkand Samarkand sein. Die zwei Wochen mit Mama und Papa gingen so schnell vorbei und tatsächlich ist heute schon unser letzter Abend. Wo könnten wir den besser feiern als in unserem allzeit bewährten neuen Lieblingsrestaurant in Samarkand. Wir essen wieder sehr gut und lassen den Abend bei einem letzten gemeinsamen Bier auf unserem Tapchan ausklingen.
Sehr früh an diesem Morgen treffen wir uns zum Frühstück, danach heißt es Abschied nehmen. Mama und Papa fahren mit dem Taxi zum Bahnhof und von hier aus nach Taschkent. Sie haben für den Abend noch Karten für's Ballett, Schwanensee. Jannis und ich wollen noch schnell den Iran-Bericht fertig machen und dann in Richtung tadschikischer Grenze fahren. Und wo könnten wir das besser machen als im Rabat Boutique Hotel. Natürlich haben die wundervollen Angestellten nichts dagegen. Im Gegenteil: wir werden mal wieder rundum verpflegt, bekommen, nachdem wir Stunden später immer noch da sind sogar ein Mittagessen serviert – auf's Haus. Wir sprechen lange mit Jahongir, der während der vier Tage in Samarkand immer für uns da war. Er erzählt uns, dass es durch den neuen Präsidenten in Usbekistan einen viel größeren Fokus auf Tourismus gibt. Besonders seit 2016 wird zum einen viel für die Sicherheit und den Kampf gegen Terror im Land getan, zum anderen werden die Visabedingungen und Registrierungspflichten im Land immer weiter gelockert. Der Präsident hat alle im Tourismus arbeitenden Menschen dazu angehalten, dass kein Tourist Usbekistan mit einem schlechten Gefühl verlassen darf. Dieses Vorgehen trägt Früchte, Erfahrungsberichte von Problemen an Grenzen oder mit der Polizei stimmen nicht mehr, im Land sehen wir viel mehr Touristen als in den umliegenden Ländern. Dann erzählt er noch ein bisschen über sein Privatleben. Wir fragen ihn ein wenig aus, denn wir hatten von Sarbon gehört, dass in Usbekistan Hochzeiten mit über 1000 Personen gefeiert werden. Er lacht und bestätigt, dass die Usbeken jeden einladen den sie kennen, und wenn man einen entfernt Bekannten auf der Straße trifft und auf das Thema Hochzeit kommt, muss/möchte man ihn auch einladen, um nicht unhöflich zu sein. Auch hier möchte der jetzige Präsident entgegen wirken. Damit die Usbeken ihr Geld für die Bildung ihrer Kinder oder den Kauf einer Immobilie oder Altersvorsorge verwenden und nicht für Hochzeiten, ist die Anzahl der Gäste nun auf 300 Personen beschränkt. ;)
Erst am frühen Abend sind wir fertig mit dem Bericht. Wir verabschieden uns bei allen im Hotel und bedanken uns nochmal sehr herzlich für ihre Gastfreundschaft. So ein tolles Hotel haben wir noch nie erlebt. David, unser Fahrrad-Freund ist seit heute in der Stadt und hat ein AirBnB Haus mit zwei anderen Fahrrad-Fahrern gemietet. Sie laden uns zum Abendessen ein und wir entscheiden spontan heute nicht mehr an die Grenze zu fahren. Der Abend wird lang und wir kommen erst gegen halb 4 Uhr morgens zurück zum Bus. So beginnt auch der nächste Tag später als gedacht, aber viel steht nicht mehr auf dem Programm: restliches Geld für Einkäufe ausgeben, frühstücken und ab zur Grenze. Alles läuft reibungslos und so schnell sind wir schon wieder im nächsten Land: Tadschikistan!